Der Weg in den Tod und alle sind dabei

13. Oktober 2019

In der kleinen Grafschaft Axthausen geht es beschaulich zu. Jäger, Geldverleiher (Charlotte Kilger und Ella Dieseldorff) und Großunternehmer (Vivien Kurz) sitzen im Gasthaus am Stammtisch nebeneinander und plaudern über die Ernte des Jahres. Doch schon bald wechselt das Thema und es wird gelästert: Hat die griesgrämige Hannelore Mergel (gespielt von Michaela Döllerer) ihren Mann absichtlich vor dem Haus erfrieren lassen? Macht ihre heruntergekommene Tochter Friederike (Lucy Wenig) mit den Holzdieben gemeinsame Sache? Und gehört auch der Onkel Simon (Stefan Bämayr) gemeinsam mit seiner sonderbaren Magd (Julia Kerling) zu den Blaukitteln? Der Zuschauer bemerkt in dem Schauspiel, das vorerst im Festsaal des Landschulheims Marquartstein wie eine ganz gewöhnliche Schüleraufführung beginnt, dass Familie Mergel an den Rand der Dorfgesellschaft gedrängt wird. Immer wieder wurde Annette von Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ als Milieustudie beschrieben. Die erste Szene soll Einblick geben in das einfache Leben der Landbevölkerung um 1900.

Als die Gräfin von Axthausen (Kassidy Bogdan) alle Gäste einlädt, sie zu einem Waldspaziergang zu begleiten, nimmt die Handlung Fahrt auf. Schnell gerät Friederike mit den Försterinnen (Hanna Tonkovic, Sofia Westermaier und Paola Zahn) in Streit. Und als die Oberförsterin schließlich tot im Wald entdeckt wird, erschlagen von einer Axt, muss der Zuschauer vermuten, dass Friederike ihr absichtlich den falschen Weg gewiesen hat. In dieser Szene wechselt das Stück von der Milieustudie hin zum Krimi. Das Publikum ist live dabei, wenn die Polizistinnen (Iman Hodzic, Anna Ritzer und Anahita Götschl) inmitten der Bäume nach Indizien suchen und auf dem Waldboden tatsächlich einen verdächtigen Fußabdruck finden. Nun geraten nicht nur die Mergels in Verdacht, auch so mancher Theaterbesucher wird angeschuldigt und nach einem Alibi befragt. Und tatsächlich sind immer wieder sehr genaue Beobachter im Publikum, die Gegenstände wiedererkennen und Verdächtige benennen können.

In acht Spielszenen, von denen sechs an unterschiedlichen Handlungsorten im Freien gespielt werden, ist die Handlung von Annette von Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ nachempfunden. Die Schüler des P-Seminars haben die Dialoge selbst geschrieben. Das Publikum ist dabei nicht nur Zuschauer, sondern hat immer wieder die Möglichkeit, ins Geschehen einzugreifen oder seine Vermutungen zu äußern. Die drei Aufführungen, die bisher stattgefunden haben, waren stets voll besetzt. Das innovative und zugleich interaktive Theaterstück, bei dem Sandra Altmann Regie geführt hat, kommt beim Publikum ausgesprochen gut an, da der Zuschauer durchaus gefordert ist. Wer dieses außergewöhnliche Projekt sehen möchte, hat in den beiden letzten Aufführungen der Krimiwanderung am 15. und 16. Oktober noch Gelegenheit dazu. Es sind noch einzelne Restkarten zu bekommen. Spielbeginn ist um 19.30h im Festsaal des Staatlichen Landschulheims Marquartstein. Eine telefonische Anmeldung ist wegen der eingeschränkten Zuschauerzahl notwendig unter: 08641 6240.