Schule im Ausnahmezustand

28. April 2020

Seit Montag, 27.4.2020, findet am Gymnasium Marquartstein, wie an allen anderen Gymnasien auch, wieder Unterricht statt: Die 12. Jahrgangsstufe wird in Form von „Präsenzunterricht“ auf das Abitur vorbereitet. Bereits im Vorfeld hatte die Schulleitung in Zusammenarbeit mit den Oberstufenbetreuern und einem Gesundheitsteam Maßnahmen zur Erstellung und Einhaltung strenger Hygienestandards durchgeführt.

Verbindlich festgelegt sind in Hygienekonzept Abstandsregeln, ein „Einbahnstraßensystem“ im Schulgelände, so dass Begegnungen minimiert werden, und das verpflichtende Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken. Bereits beim Betreten der Schule ist jeder einzelne dazu angehalten, seine Hände zu desinfizieren. Türen stehen in der Regel immer offen, so dass niemand eine Türklinke anfassen muss.

Für den Kursunterricht wurden die größten Räume der Schule, darunter auch der Festsaal und der Kunstsaal, so ausgestattet, dass jeder Schüler zu seinem Nachbarn minimal 1,50 m Abstand hat. Ferner wurde festgelegt, dass jede Klasse bzw. Lerngruppe feste Pausenbereiche zugeteilt bekommen hat, sodass maximal zwanzig Schüler aufeinandertreffen.

Vor Beginn des eigentlichen Unterrichts erteilten die Oberstufenkoordinatoren, Helmut Liebl und Peter Straßer, den Schülern umfassende Informationen zu allen Sonderregelungen sowie zu den Hygienestandards, dann begrüßte der Schulleiter Christian Czempinski die Abiturienten und zeigte sich optimistisch, was die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts und die Durchführung des Abiturs 2020 betrifft. Die Abiturientinnen Sonja Butz und Hanna Tonkovic freuten sich über die netten Worte des Direktors, der eigens für den besonderen Anlass ein weißes Hemd getragen habe, was er, so die Schülerinnen, nur bei feierlichen Veranstaltungen tue. Die Schüler bemerkten, dass es auch für den Schulleiter etwas Besonderes ist, nach sechs Wochen „shut down“ den Schulbetrieb wieder aufzunehmen.

Anschließend ging es mit den ersten Mathematikstunden weiter. Die meisten Schüler hatten sich tatsächlich auf den Schulstart gefreut, weil das Homeschooling viele vor völlig neue Herausforderungen gestellt und ihnen viel Disziplin abverlangt habe. Anahita Götschl konnte dem Onlineunterricht dennoch auch etwas Positives abgewinnen: „Man kann sich seine Zeit selbst einteilen und sich auf seine Schwächen konzentrieren. Ich bin dennoch froh, dass nun etwas vorangeht. Und natürlich ist es besser, Fragen persönlich stellen zu können als über „Teams“. An den Mundschutz wird man sich hoffentlich auch noch gewöhnen.“ Charlotte Kilger, die ebenso in diesem Schuljahr ihr Abitur ablegen wird, schildert die Situation im Internat: Beim Essen würden die Schüler in weiter Entfernung zueinander sitzen, jeder bewohne nun ein Einzelzimmer, bei Kontakt mit anderen Schülern müsse auch im Internatsbereich ein Atemschutz getragen werden. Die Schülerin klagt, dass das Pflegen von Freundschaften in Coronazeiten enorm erschwert sei. Auch Schulleiter Christian Czempinski schließt sich diesem Urteil an und bedauert, dass Schule im Moment kein Begegnungsraum im eigentlichen Sinne sei.

Die Abiturienten besuchen nun, bis ihre Prüfungen beginnen, ausschließlich den Unterricht in Mathematik und Deutsch, den beiden verpflichtenden schriftlichen Prüfungsfächern, und in den drei weiteren Prüfungsfächern. Am 20. Mai 2020 beginnen die Abiturprüfungen mit dem Fach Deutsch. Die anderen schriftlichen Abiturfächer folgen noch vor Pfingsten, danach beginnen die Kolloquien und die mündlichen Prüfungen.

Allerdings können nicht alle Abiturienten und Abiturientinnen am derzeit angebotenen Präsenzunterricht teilnehmen. Schüler, die selbst oder deren im Haushalt lebende Familienmitglieder zu einer Risikogruppen gehören, werden weiterhin online beschult. Schülervater Michael Ibach etwa hat mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen, er berichtet: „Das Homeschooling mit vier Schulkindern am Landschulheim Marquartstein läuft insgesamt überraschend gut und weitestgehend problemfrei. Mein ältester Sohn und Abituranwärter Leander kann den Unterricht jedoch nicht, wie vom Ministerium vorgesehen, ab Montag besuchen, da sein kleiner Bruder aufgrund einer Lebertransplantation besonders gefährdet ist und einer Risikogruppe angehört.“ Die Schule wird selbstverständlich – so ist es mit dem Schulleiter bereits abgesprochen - dafür Sorge tragen, dass auch den Schülern, die nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, kein Nachteil entsteht.

Insgesamt sieht sich die Schulfamilie angesichts der Coronakrise zwar vor große Herausausforderungen gestellt, ist aber sehr zuversichtlich und optimistisch, diese meistern zu können und alle Abiturienten und Abiturientinnen trotz der Umstände bestens auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten, damit alle Schülerinnen und Schüler des LSH Marquartstein im Juli ein Abiturzeugnis in Händen halten werden.