Einen supertollen Werkzeugkasten mitgekriegt

30. Juni 2023

 

78 AbiturientInnen des Gymnasiums Landschulheim Marquartstein, darunter 13 InternatsschülerInnen, erhielten ihre Abiturzeugnisse bei einer fröhlichen Feier im Festsaal der Schule. Überraschungs- und Ehrengast war der ehemalige Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer, der hier beinahe auf den Tag genau von 50 Jahren sein Abiturzeugnis bekommen hatte. Neun Jahre hatte er in Schule und Internat gelebt.

Die Traumnote 1,0 erzielten bei den Prüfungen Felix Daxenberger aus Bergen und Luis Schneider aus Marquartstein. Acht weitere AbsolventInnen hatten ebenfalls einen sehr guten Notendurchschnitt, nämlich Lennard Alexander und Lilly Fritsch, beide Reit im Winkl, Kilian Meier, Bergen, und Maria Pletschacher, Grassau, mit jeweils 1,3, außerdem Franziska Bucher, Marquartstein, Anna-Maria Goy, Grassau, und  Anna Wierer, Bernau, jeweils 1,4 gefolgt von Lotte Gröver aus Grassau mit 1,5.

Ein erstes Grußwort und herzliche Gratulation an alle drückte Dr. Peter Ramsauer den scheidenden Schülern aus, gepaart mit seinen vielen, (heute) durchweg positiven Erinnerungen an seine Schulzeit am Landschulheim. Schon vor 60 Jahren, nach Abschluss der Grundschulzeit meldete ihn seine Mutter beim damaligen Heimleiter Richard Jäger an, der ihm auf seinen schüchternen Wunsch hin, gerne Ziehharmonika lernen zu wollen, deutlich abschlägig beschied, weil das „kein richtiges Instrument“ sei. Zusammenfassend urteilte Ramsauer über die „neun Jahre einer unendlich prägenden Zeit“ an der Schule, er habe alles in allem sehr gute Lehrer gehabt und „einen supertollen Werkzeugkasten mitgekriegt“, der ihn im Laufe seiner von vielen Veränderungen geprägten Karriere immer wieder weitergeholfen habe.

Ein weiteres Grußwort sprach  die Vorsitzende des Elternbeirats, Eva Mühlbacher mit einem Rückblick auf die vergangenen zwölf (manchmal mehr) Jahre der Schulzeit. Auch mit vielen außerschulischen Veranstaltungen wie Theater, Musik- und Kunstaktionen seien die Schüler gefördert und gefordert worden, und jeder habe zeigen können, was in ihm steckt. Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung hänge der Schulerfolg im Wesentlichen von der Persönlichkeit des Lehrers ab. Hier sei die Schule gut aufgestellt.

„Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer anderen Schüler werden“, zitierte Schülersprecherin Franziska Bucher Gerhart Hauptmann in einer humorvollen Ansprache, mit ironischen Anmerkungen und teils nur für die Betroffenen verständlichen Anspielungen gespickt. Die Zeit sei vergangen wie im Flug, obwohl man während der Schulzeit manchmal heilfroh gewesen wäre, wenn die Zeit möglichst schnell vorbei wäre. „Die Schulzeit hat uns alle sehr geprägt“, sagte Bucher, besonders auch außerschulische Veranstaltungen, Ausflüge und Fahrten zuletzt nach Weimar und Berlin. Sie schloss mit großem Dank an Schulleitung, Lehrer, Schul- und Heimmitarbeiter, aber auch an Eltern, Großeltern, Familie und Freunde. Ihre Worte erhielten langen stehenden Applaus von allen scheidenden Schülern. Anschließend trug die Abiturientin Victoria Tack ein selbst geschriebenes, gereimtes Gedicht „Abiturzeit“ vor, in dem sie „eine tolle Gemeinschaft, die wir waren“ beschwor.

                                      

Internatsleiter Jürgen Bader verabschiedete 13 InternatsschülerInnen, wobei er sich besonders bei der Jahrgangsstufensprecherin der Q12 Emmi Hünseler bedankte. In seiner frei gehaltenen, geistreichen Rede befasste er sich mit Lüge und Wahrheit, womit er  als Heimleiter besonders oft  befasst sei und ein großes Gespür entwickle. „Vermeidet lange Texte und hypotaktischen Satzbau“ beim Lügen, empfahl Bader. Von Platon über Odysseus, Achilles, Jesus bis zur Zeitschrift Brigitte spannte er einen Bogen zu Wahrheit und Lügen, davon ausgehend, dass jeder Mensch nach wissenschaftlichen Untersuchungen mindestens 25 mal pro Tag lügt. Ein ganzes Leben lang könne jeder an der Wahrheit wachsen gab Bader den Scheidenden mit auf den Weg.

Musikalisch abwechslungsreich wurde der Festakt durch die musikalischen Einlagen der Blechbläsergruppe unter Leitung von Michael Hiemke und der Big Band mit Martin Schorndanner.      

Vor der Überreichung der Abiturzeugnisse durch Oberstudiendirektor Christian Czempinski, die stellvertretende Schulleiterin Katharina Brachmann sowie die Oberstufenbetreuer Peter Straßer, Helmut Liebl sowie Heimleiter Jürgen Bader hielt Schulleiter Christian Czempinski seine Festrede an die scheidenden AbiturientInnen und Gäste.

Ironisch anspielend auf den kürzlich erfolgten „Zukunftsdialog Heimat Bayern“ der Staatsregierung, in dem auch die Anliegen junger Menschen im Freistaat abgefragt wurden, äußerte der Schulleiter sein Erstaunen, dass diese in einem „kompetenzorientierten Lehrplan Plus“ vor allem mehr über Versicherungen und Steuererklärung wissen wollten. Letztlich gehe es den Jugendlichen gar nicht vordergründig um Elementar-Versicherungen, sondern hintergründig in einer bedrohlichen Welt um Vertrauen, Zutrauen und Urvertrauen, in sich selbst und in die anderen. Grundvoraussetzung einer jeden funktionierenden Gemeinschaft und eines gelingenden Lebens seien Sicherheit und Vertrauen, zumindest das Gefühl davon. „Wir erleben – mehr denn je – eine Kernschmelze der Sicherheit und des Vertrauens: Fake statt Fakt, KI-generierte Falschbilder und Falschinformationen, Chat-Bots und Trolle, Propaganda gigantischen und unentwirrbaren Ausmaßes, offene und öffentliche Lügen von Amtspersonen ohne jegliche Scham“,  stellte Czempinski fest. Dem setzte der Schulchef entgegen, dass die Scheidenden heute einen „Versicherungsschein, einen großen Vertrauensbeweis der Solidargemeinschaft, der ihr angehört“, erhalten. Wir versichern euch, dass ihr eine erste wesentliche Entwicklungs- und Leistungsstufe erreicht habt und nun alleine getrost weitere Schritte gehen und Verantwortung übernehmen könnt.“ Mit herzlichem Glückwunsch zur bestandenen Abiturprüfung  wünschte er den Abiturienten, dass sie „im Strudel der Elementargewalten“ Mut und Vertrauen nie verlassen.

Bei der Zeugnisverleihung wurden auch zahlreiche ehemalige SchülerInnen geehrt. Sie hatten zum Beispiel als Mediatoren, Tutoren oder Schulsanitäter ehrenamtlich gearbeitet. Vom Bund der Altmarquartsteiner (BAM) der nicht nur große Ehemaligentreffen organisiert, wie das geplante im kommenden Oktober, sondern die Schule vielfältig zum Beispiel bei Ausflügen oder Schüleraustausch unterstützt, wurden die AutorInnen der fünf besten Seminararbeiten mit einem kleinen Geldgeschenk ausgezeichnet, nämlich Lennard Alexander, Franziska Bucher, Felix Daxenberger, Moritz Guggenhuber und Maria Pletschacher. Krönender Abschluss war ein Sektempfang, den das Küchenteam der Schule perfekt vorbereitet hatte. Am nächsten Abend fand in der Festhalle in Aschau der traditionelle Schulabschlussball mit den scheidenden Schülern, Eltern und Vertretern der Schule.                                                   .                                                           Bericht: Christiane Giesen